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Alwegbahn für Hamburg?

Die Alwegbahn

Die Alwegbahn, benannt nach ihrem Initiierer und Förderer, dem schwedischen Geschäftsmann und Industriellen Axel Leonard WEnner - Gren (1881 - 1961), ist eine Einschienenbahn, die Anfang der 1950er Jahre in Köln - Fühlingen eingehend erprobt und getestet wurde, aber trotz vieler Pläne und Vorhaben, bis auf eine Vorzeigestrecke zur "Italia ´61" in Turin, in Europa nicht gebaut wurde. Alwegbahnen fahren heute unter anderem in der Disneyworld in den USA, in Seattle sowie in Japan (beispielsweise Tokio).

Eine der Städte, die sich in den 1950er Jahren mit dem Gedanken trug, eine Alwegbahn zu bauen, war Hamburg. Auch wenn es keine Ausführung dieser Pläne gab, ist es verkehrshistorisch durchaus interessant, dieses Kapitel Hamburger Verkehrsplanung einmal näher zu beleuchten, zumal es eng mit den U - Bahn - Planungen in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre zusammenhing.

Bislang habe ich weder in den Büchern zur Hamburger Nahverkehrsgeschichte noch in den Büchern über die Hamburger U - Bahn etwas von der Alwegbahn gelesen. Den Hinweis darauf fand ich in dem Buch "Die Alweg - Bahn" von Reinhard Krischer. Das Online - Archiv des Hamburger Abendblatts hatte dann noch eingehendere Artikel dazu, aus denen ich dann die nachfolgenden Informationen zusammengetragen habe (siehe auch unter: Quellen + Links).

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Pläne für die Alwegbahn

In der ersten Hälfte des Jahres 1955 gab der Hamburger Senat eine "Denkschrift zum Hamburger Verkehr" heraus, in der unter anderem von einer Einschienenbahn von der Innenstadt über die Elbe nach Harburg die Rede war. Axel Wenner - Gren kam daraufhin im Juli 1955 nach Hamburg, um sich über diese Pläne zu informieren und um für seine Alwegbahn zu werben. Hochbahndirektor Lademann war vehement gegen die Alwegbahn. Er sah die einzige Chance für den Hamburger Nahverkehr, wenn die Hauptlast der Verkehrsströme von der Straßenbahn auf die U - Bahn übertragen werden würde. Der erste Neubau einer U - Bahnstrecke in Hamburg nach dem Krieg war 1955 die Fortführung der 1934 fertiggestellten "Kell - Jung - Linie" zwischen Kellinghusenstraße und Jungfernstieg, die auch "Blinddarm" hieß, über Meßberg zum Hauptbahnhof (Teil der heutigen "U1").

Nach rund zwei Jahren Bautätigkeit an dieser U - Bahnstrecke war die U - Bahn - Euphorie 1957 weitgehend verschwunden. Die Arbeiten am sogenannten "Meßbergbogen" gingen nur schleppend voran; es gab viele Behinderungen durch eintretendes Grundwasser in der Baugrube, allgemein schlechten Baugrund und viele Klagen der Anwohner. So wurde der Aufbauplan für die U - Bahn von 1955 nunmehr kritisch betrachtet, und man begann, nach anderen Möglichkeiten Ausschau zu halten. Jetzt kam die Idee einer Alwegbahn wieder ins Spiel, da ihre aufgeständerte Fahrstrecke, so wie es hieß, schneller und billiger zu bauen sei als ein U - Bahn - Tunnel.

Der Hamburger Senat beschloß am 17. September 1957, daß eine Senatskommission der Frage nachgehen sollte, ob nicht doch die Errichtung einer Alwegbahn eine Lösung für Hamburg wäre. Die Alwegbahn konnte 80 - 100 km/h schnell fahren, die Anfahrgeschwindigkeit lag höher als bei der U - Bahn und der Bau von 100 Meter Fahrstrecke wäre an einem Tag möglich, also wesentlich schneller als bei der U - Bahn. Zudem war die Alwegbahn leise. Gedacht war an eine Fahrstrecke von Billstedt zum Berliner Tor, verbunden mit Umsteigen in die dortigen Ringzüge. Andere mögliche Strecken sollten von der Kommission untersucht und gegebenenfalls vorgeschlagen werden. Durch die Innenstadt sollte die Alwegbahn nach Ansicht von Dr. Christiansen aus der Behörde für Wirtschaft und Verkehr jedoch nicht fahren.

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Gegensätzliche Positionen

Am 29. August 1957 wurde die Jahrestagung des "Internationalen Vereins für Verkehrswesen" von Bundesverkehrsminister Seebohm eröffnet. Es nahmen dort 700 Verkehrsfachleute aus 26 Ländern teil. Die Alwegbahn war einer der Gesprächspunkte. Hochbahndirektor Lademann, der auch Vizepräsident des Vereins war, äußerte sich noch einmal klar gegen die Alwegbahn. Dagegen zeigte sich der Leiter des Amtes für Verkehr, der Leitende Regierungsdirektor Dr. Krauß, beeindruckt von dem neuen Verkehrsmittel, welches er erst kürzlich in Köln besichtigt hatte. Auch Verkehrssenator Plate sprach sich, neben anderen Verkehrsexperten, für die Alwegbahn aus.

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Alweg - Kommission

Trotz der kontroversen Standpunkte wird eine Sonderkommission des Senats eingesetzt, die den möglichen Einsatz von Alwegbahnen in Hamburg überprüfen sollte. Diese Kommission wurde verspätet Ende Oktober 1957 gebildet, da die Ernennung der Mitglieder schwieriger als erwartet war. Die Kommission bestand aus elf Mitgliedern. Unter anderem waren das:

  • Senator a. D. Buch
  • Professor Dr. Alfred Kniffler von der Deutschen Bundesbahn
  • Dr. Krauß (Behörde für Wirtschaft und Verkehr)
  • Dr. Friedrich Lademann, Direktor der HHA
  • Verkehrssenator Ernst Plate
  • Baudirektor Otto Sill
  • Baudirektor Dr. Hans Speckter
  • Dr. Hans Tappert von der HHA

Hauptaufgabe der Kommission neben der Ermittlung möglicher Bahntrassen sollte der Kostenvergleich von Straßenbahn, U - Bahn und Alwegbahn sein sowie die Klärung der Fragen zu Weichen und der Sicherungstechnik des Alweg - Systems.

Am 18. Januar 1958 reiste die sogenannte "Alweg - Kommission" nach Köln - Fühlingen zur Alweg - Versuchsstrecke, um sich das mögliche neue Verkehrsmittel für Hamburg genauer anzusehen.

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Vor- und Nachteile

Die Vorteile einer Alwegbahn waren:

  • Schneller Bahnbau (Die Strecke Berliner Tor - Billstedt wurde mit 2 1/2 Monaten Bauzeit angegeben)
  • Geringere Baukosten
  • Fast geräuschlose Fahrt
  • Schnelle Beschleunigung von 0 auf 80 km/h in 32 Sekunden
  • Der Bremsweg bei einer Zwangsbremsung von 80 auf 0 km/h beträgt nur 120 Meter.

Die Nachteile wurden so angegeben:

  • Ein Alweg - Zug war teurer als ein U - Bahn - Zug
  • Ein Alweg - Zug hatte weniger Sitzplätze als ein U - Bahn - Zug
  • Die Bahnsteige der Alwegbahn befanden sich in 8 - 10 Metern Höhe über dem Erdboden und die Bahnsteigkanten wiesen zum Zug hin einen Spalt auf. Diese Gegebenheiten bildeten eine Gefahr für die Fahrgäste

Klärungsbedarf gab es noch bei folgenden Punkten:

  • Wie werden Fahrgäste bei einem verunfallten Zug evakuiert?
  • Wie zuverlässig sind die Weichen?
  • Wie haltbar sind die Gummireifen?
  • Wie anfällig ist der Fahrbalken bei ungünstiger Witterung?

Die Stimmung in der Kommission nach dem Besuch in Köln war unterschiedlich. An den Positionen von Dr. Lademann, Dr. Tappert und Dr. Sill hatte sich nichts geändert.

Alweg - Bahnstrecke

Trotz der differierenden Meinungen verkündete die Kommission überraschend, daß dennoch eine Strecke genauer untersucht werden soll. Gedacht war an eine Verbindung von Schnelsen über Niendorf, Lokstedt, Hoheluft, den Wallringpark, die Neustadt, den Zollkanal, den Dovenfleet und Berliner Tor bis Billstedt. Ausschlaggebend waren wohl die geringeren Baukosten der Alwegbahn und die schnellere Fertigstellung. Eine vergleichbare U - Bahnstrecke würde im Vergleich viel länger gebaut werden. Allerdings müßten an einigen Stellen Tunnel angelegt werden, die durch das Profil der Alwegzüge breiter sein müßten als ein U - Bahntunnel und daher teurer werden würden.

Bedenken gab es weiterhin bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Alwegbahn. Die Baubehörde und das Amt für Verkehr äußerten sich positiv über die Alweg - Pläne. Dagegen lehnte Bürgermeister Max Brauer eine Alwegbahn für Hamburg ab. Sie würde seiner Meinung nach nur Straßen zu Schluchten machen. Wörtlich sagte er:"Wenn die Alwegbahn in der Sahara gebaut wird, würde ich sagen, das ist gut. Dort kann der Sand darunter hinwegwehen."

Im September 1958 waren von den Technikern der Kölner "Alwegbahn - Gesellschaft" Baupläne ausgearbeitet sowie Kostenvoranschläge ausgearbeitet worden und wurden in Hamburg vorgestellt. An der neuen Strecke von Schnelsen nach Billstedt sollte etwa alle 800 Meter eine Haltestelle vorgesehen werden. Die gesamte Strecke einschließlich Stationen und Fahrzeugen sollte nur ein Fünftel der Kosten für eine entsprechende U - Bahnstrecke betragen.

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Die Entscheidung

Die Entscheidung für oder gegen die Alwegbahn hing mit der Entscheidung zusammen, ob die neue U - Bahn vom Jungfernstieg zum Hauptbahnhof (heutige Linie U1) nach Wandsbek oder nach Billstedt geführt wird. Hochbahndirektor Lademann hatte sich bereits 1955 für eine Weiterführung nach Wandsbek ausgesprochen, da die Strecke wichtiger sei, da durch sie mehr Straßenbahnlinien in der Innenstadt eingespart werden könnten als bei einer Weiterführung nach Billstedt. Außerdem sollte der Ostring von Berliner Tor bis Wandsbek - Gartenstadt (heutige Linie U3) entlastet werden.

Senator Buch konnte sich eine U - Bahn nach Wandsbek und eine Alwegbahn nach Billstedt vorstellen und würde auch dafür stimmen, wenn sich die Alweg - Kommission für den Bau entscheidet. Die Entscheidung, wohin die U - Bahn ab Hauptbahnhof gebaut werden sollte, fiel jedoch erst am 16. Dezember 1958. Es wurde beschlossen, sie nach Wandsbek weiterzubauen.

Gleichzeitig teilten die Mitglieder der Alweg - Kommission Mitte Dezember 1958 in einer Denkschrift mit, daß sie den Bau einer Alwegbahn in Hamburg ablehnen. Begründet wurde das mit dem aufgeständerten Fahrbalken, der eine störende Wirkung auf die zu durchfahrenden Stadtteile hätte. Ein Tunnelbau käme aber auch nicht in Frage, da der Querschnitt der Alwegbahn noch größer sei als der der U - Bahn und somit der Tunnel teurer würde. Statt der Alwegbahn sollen zunächst mehr Straßenbahnen sowie Verstärkungsbusse nach Billstedt fahren. Außerdem sollen Straßen, die in dem Korridor Innenstadt - Horn - Billstedt liegen, verbreitert oder neu gebaut werden. 1962 wurde dann in fast der gleichen Relation mit dem (Um-)Bau der Durchmesserlinie Stellingen - Billstedt (der heutigen Linie U2) begonnen, die 1973 fertiggestellt wurde, 1985 bis Niendorf - Markt verlängert wurde und seit 2009 auch durchgehend befahren wird. So gibt es nach über fünfzig Jahren eine Verwirklichung dieser einstmals für die Alwegbahn gedachten Verbindung (wenn auch mit einer anderen Streckenführung, vor allem in der Innenstadt, und ohne den Anschluß von Schnelsen).

Die Alwegbahn war mit der Ablehnung der Kommission für Hamburg vom Tisch. Zwar gab es noch die Idee, "in ferner Zukunft" einen Schnellbahn - Außenring um die Stadt mittels einer Alwegbahn zu bauen, aber das war nur eine Gedankenspielerei und keine ernstzunehmende Planung.

Monorail in Disneyworld.
So oder so ähnlich hätte die Alwegbahn in Hamburg aussehen können: Ein Monorail - Zug in Disneyworld in Orlando, Mai 2005. Foto von M. Minderhoud aus dem Wikipedia - Artikel über die Alweg - Bahn.

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Quellen + Links

  • Buch - Arbeitsgemeinschaft Blickpunkt Straßenbahn: "Die Geschichte der Hamburger Hochbahn", 1. Auflage 1989
  • Buch - Reinhard Krischer: Alweg-Bahn - Technik, Geschichte und Zukunft der legendären Einschienenbahn. Transpress, Stuttgart 2003, ISBN 3-613-71209-1.
  • www - Das Online - Archiv des Hamburger Abendblatts, Stichworte "Alweg" und "Hamburg".
  • www - Ein Wiki über die Alweg - Bahn und eins über Axel Leonard Wenner - Gren.


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Erstellt seit dem: 16. September 2009
Online seit dem: 15. November 2009
Zuletzt aktualisiert am: ---

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