Die Stadt Schwalmstadt liegt im Kreis "Schwalm-Eder" im Bundesland Hessen. Die hier beschriebene Cabinenlift-Anlage
befand sich in Ziegenhain, das östlich von Schwalmstadt liegt und seit 1970 ein Ortsteil von Schwalmstadt
ist. Die häufigste Bezeichnung der Anlage ist "Cabinenlift Schwalmstadt-Ziegenhain".
Das heutige "Klinikum Schwalmstadt" bestand in den 1970er Jahren aus einem Hauptgebäude mit 260 Betten und
einer Nachsorgeklinik mit 70 Betten und wurde damals "Kreiskrankenhaus Ziegenhain" genannt. Noch heute gibt es eine
graue Steintafel am Eingang, auf der "Kreiskrankenhaus Ziegenhain" steht. Das Klinikum dient heute der Grund-,
Regel- und Notversorgung und verfügt nun über 209 Betten. Die Nachsorgeklinik war etwa 600 Meter vom Hauptgebäude
entfernt, zudem liegt zwischen den beiden Krankenhausteilen ein Wald.
Um die Nutzung der Einrichtungen der Hauptklinik auch für die Nachsorge ohne kostspielige Neubauten zu ermöglichen,
aber auch die Versorgung der Nachsorgeklinik mit Essen, Medikamenten und anderen notwendigen Dingen, die
unkomplizierte Verlegung von Patienten mitsamt ihrem Bett, die Beförderung des Krankenhauspersonals und den zügigen
Austausch von Geräten und anderem Equipment sicherzustellen, wurden drei Möglichkeiten einer neu zu errichtenden
Verkehrsverbindung untersucht:
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ein Tunnel zwischen beiden Komplexen,
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eine neue Straße mit Bus-Shuttle-Service oder
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eine Cabinenliftanlage.
Nach Berechnungen, die das Klinikum anstellen ließ, sollte der Tunnel 2,9 Millionen DM kosten, die Straße 2,6
Millionen und die Cabinenliftanlage 2,3 Millionen. Die laufenden Kosten, umgerechnet pro Tag und Bett, wurden wie
folgt beziffert:
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der Tunnel hätte 3,10 DM,
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die Straße 4,15 DM und
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die Cabinenliftanlage 0,21 DM gekostet.
So fiel die Entscheidung, eine Cabinenliftanlage zu bauen. Mit der Errichtung der Anlage konnte man auf eine zweite
Notfallaufnahme, eine zweite Großküche oder weitere Sozialräume in der Nachsorgeklinik verzichten, ebenso auf die
Installation einer zusätzlichen Telefonanlage. Der Cabinenlift machte auch das Bereithalten einer Buscrew von
gerechnet 8 Personen bei der Straßenlösung überflüssig. Die Betriebskosten lagen für den Tunnel und die Straße vor
allem deswegen höher, weil hier insbesondere die Winterdienstkosten der Straße, der vorzuhaltende Wagen über den
Normaldienst hinaus (im einzelnen Essentransport, vollausgerüstete Ambulanzen), die Gehälter und die
Nachtschichtzuschläge für Fahrer, die Unterhaltskosten eines Tunnels sowie die Evakuierungsvorsorge für alle Art
von Notfällen mit hinzukämen.
Der Bau der Cabinenliftanlage begann im April 1975. In den Wald zwischen den beiden Komplexen wurde eine
Schneise geschlagen und in den beiden Gebäuden, an die die Cabinenliftanlage anschloß, wurden Stationen eingebaut.
Ursprünglich sollte der Lift bereits im Dezember 1975 fertiggestellt sein, jedoch verzögerte sich die
Inbetriebnahme aus bisher unbekannten Gründen bis 1976. Am Montag, den 29. März 1976 konnte dann
feierlich die Eröffnung begangen werden.
Die Cabinenliftanlage fand viel Resonanz! Neben der örtlichen und der überregionalen Presse (unter anderem gab es
im "Hamburger Abendblatt" zwei kurze Artikel) und dem Fernsehen gab es auch in verschiedenen Fachzeitschriften für
Ärzte und Krankenschwestern Berichte darüber. Forschungsminister Matthöfer war am Eröffnungstag unter den
Ehrengästen.
Beim
Deutschlandspiegel 260/1976
des Bundesarchivs gibt es einen etwa zweiminütigen Filmbeitrag über die Eröffnung des Cabinenlifts von 1976
zu sehen (etwa ab Minute 4:46).
Der Cabinenlift wurde von den beiden Entwicklerfirmen des Cabinentaxis, "DEMAG" und "MBB" gebaut. Der Cabinenlift
ist sozusagen der große Bruder des Cabinentaxis; viele der Komponenten, die auf der Erprobungsanlage in Hagen
getestet wurden, fanden sich im Cabinenlift wieder. Er war der erste Fall einer praktischen, wenn auch nur
krankenhausinternen, Verwendung des in Hagen erprobten Systems, leider auch der Einzige!
Der Cabinenlift lag nach der Eröffnung sogar nur noch bei 0,14 DM, statt wie errechnet 0,21 DM, laufender Kosten
pro Tag und Bett. Ein Krankenhausbett kostete unter anderem durch den neuen Cabinenlift nun täglich statt 160,- nur
noch 111,- DM.